Scheinselbständigkeit

In den vergangenen Jahren kommt es gehäuft vor, dass die Deutsche Rentenversicherung freie Mitarbeiter von Unternehmen genauer unter die Lupe nimmt und prüft, ob diese tatsächlich selbständig sind oder vielleicht doch im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses (Arbeitsverhältnis) tätig sind. Eine nachträgliche Überprüfung eines schon Jahre andauernden Beschäftigungsverhältnisses kann schwerwiegende finanzielle Folgen nach sich ziehen, insbesondere wenn plötzlich ein Arbeitsverhältnis konstatiert wird, weiß Rechtsanwalt Dr. Perabo-Schmidt von der Kanzlei PSS-Rechtsanwälte aus Wiesbaden.

Das Problem

Das Problem an der nachträglichen Feststellung einer sogenannten Scheinselbständigkeit ist unter anderem, dass für die vergangenen Monate oder auch Jahre alle Sozialabgaben (Renten-, Kranken-, Pflege-, Arbeitslosenversicherungsbeiträge etc.) aus der gezahlten Vergütung abgeführt werden müssen. Hier können schnell hohe Beträge auflaufen, die ein Unternehmen in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten führen kann.

Die Frage, ob eine selbständige Tätigkeit oder eine abhängige Beschäftigung vorliegt, lässt sich leider nicht allgemein und für alle Fälle beantworten. Es muss immer eine Einzelfallbetrachtung stattfinden, konstatiert Herr Rechtsanwalt Dr. Perabo-Schmidt. Insbesondere ist nicht entscheidend, was die Parteien in einem schriftlichen Vertrag vereinbart haben oder was sie gegebenenfalls übereinstimmend gewollt haben.  Es kommt vielmehr auf den tatsächlichen Inhalt des Rechtsverhältnisses an, also wie das Rechtsverhältnis tatsächlich gelebt wurde. Die Rechtsprechung hat hier einige Abgrenzungskriterien herausgearbeitet, die auch für die Deutsche Rentenversicherung im Rahmen eins Statusfeststellungsverfahrens in der Regel bindend sind:

Beispiele für Abgrenzungskriterien zwischen Arbeitsverhältnis und Selbständigkeit

In einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis (Arbeitsverhältnis) liegt grundsätzlich eine persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber vor. Der Arbeitnehmer unterliegt bei seiner Tätigkeit den Weisungen seines Arbeitgebers. Diese Weisungsgebundenheit ist durch das Direktionsrecht geprägt, welches dem Arbeitgeber das Recht gibt, Durchführung, Zeit, Dauer, Ort oder sonstige Modalitäten der zu verrichtenden Arbeit einseitig zu bestimmen. Feste Arbeitszeiten und ein fest zugewiesener Arbeitsplatz sprechen insoweit für ein Arbeitsverhältnis.

Die Weisungsgebundenheit ist hingegen bei einer selbständigen Tätigkeit nicht vorhanden oder nur schwach ausgeprägt. Ferner hat der Selbständige keine festen Arbeitszeiten und genießt bei der Verrichtung seiner Tätigkeit weitestgehend unternehmerische Entscheidungsfreiheit.

Charakteristisch für eine selbständige Tätigkeit ist ferner die Eingehung eines unternehmerischen Risikos, dem entsprechende unternehmerische Chancen gegenüberstehen. Hier kommt es maßgeblich darauf an, ob der Beschäftigte eigenes Kapital zur Anschaffung / Finanzierung von Betriebsmitteln (Maschinen, Fahrzeuge, Werkzeuge, Gebäude) eingesetzt hat, also unternehmerische Risiken eingegangen ist, oder ob der Auftraggeber die erforderlichen Betriebsmittel stellt. Letzteres spricht eher für ein Arbeitsverhältnis.

Andererseits kann die Beschäftigung von eigenen Arbeitnehmern sowie ein selbständiges Auftreten nach außen hin (etwa mit eigenem Briefkopf, Firmenanschrift, eigener Werbung etc.) für eine selbständige Tätigkeit sprechen.

Das Tätigwerden für mehrere Auftraggeber spricht auch eher für eine selbständige Tätigkeit, während das exklusive Tätigwerden für nur einen Auftraggeber mit ggf. noch einem monatlichen Fixum als Gehalt für ein Arbeitsverhältnis spricht. Auch die Pflicht zur höchstpersönlichen Leitungserbringung spricht eher für ein Arbeitsverhältnis.

Fazit

Letztlich kann nicht allgemein beantwortet werden, ob und wann eine selbständige bzw. eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Es kommt immer auf eine Einzelfallentscheidung an, unter Abwägung der vorgenannten Kriterien (Aufzählung nicht abschließend). Auf der sicheren Seite sind Auftraggeber und Auftragnehmer, wenn sie vor Aufnahme der Tätigkeit einen Antrag auf Statusfeststellung bei der Deutsche Rentenversicherung Bund stellen und auch nach Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit  immer wieder anhand der einschlägigen Kriterien überprüfen, ob ggf. eine Änderung im Rechtsverhältnis eingetreten sein könnte. Die Kanzlei PSS Rechtsanwälte aus Wiesbaden berät zu Fragen des Sozialversicherungsrechts und der Scheinselbständigkeit. Wir freuen uns auf Ihren Kontakt.